Lab Innovation
03.05.2021 | Die Messe
Wenn sich in der Straße plötzlich ein Loch auftut, einem ganzen Stadteil das Wasser wegbleibt oder es in einem Chemiewerk zu einer Explosion kommt, kann das alles den gleichen Grund haben: Unerkannte Schwachstellen an Rohren, die zu Leckagen oder sogar Rohrbrüchen führen. Das Startup PipePredict hat solchen Ereignissen den Kampf angesagt.
Sucht man in einer Bilddatenbank nach dem Stichwort „Chemieindustrie“, stößt man unweigerlich auf Bilder endloser Rohrleitungen, die sich durch Anlagen schlängeln und ein scheinbar unentwirrbares Gewirr bilden. Das Gelände der BASF in Ludwigshafen umfasst nach eigenen Angaben 106 km Straße, aber 2850 km Rohrleitungen. Verlaufen sie in Chemieanlagen meist oberirdisch und sind deshalb noch relativ einfach zu überwachen, liegen viele andere Leitungen in unwegsamem Gelände oder unterirdisch. Ob ein Rohr korrodiert oder sonstwie beschädigt ist, merkt man meist erst dann, wenn es zur Leckage kommt.
Was so etwas bedeutet, erläutert Christopher Dörner, Mitgründer der PipePredict GmbH: „Ein ganz praktisches Beispiel des Problems, welches wir mit unserer Technologie angehen, sieht man im nachfolgenden Bild. In dieser Situation wurde durch einen Rohrbruch eine Straße in Berlin Lichtenberg unterspült und das darüberstehende Auto versank in einem Loch aus Matsch. Und auch in der produzierenden Industrie kommt es durch Rohrbrüche oder Leckagen zu Produktionsstillständen und dem Austritt von giftigen und explosiven Flüssigkeiten oder Gasen.“ Könnte man Leckagen früher erkennen oder sogar vorhersagen, könnten viele Schäden vermieden wird. Die PipePredict GmbH will genau das ermöglichen.
Die Idee dazu entstand bei einem Projekt bei einem Wasserversorger, das Mitgründerin Valerie Fehst als Data Scientist bei einem IoT-Startup bearbeitete. Gerade bei Wasserversorgern werden Leckagen oft erst dann erkannt, wenn spürbare Wasserverluste auftreten. Die Lokalisierung ist sehr aufwändig. Valerie Fehst verwendete einen neuen Ansatz zur Datenauswertung, mit dem sie sich während ihres Studiums beschäftigt hatte. „Mit dieser neuen Art der Datenauswertung wird im Netzwerk bestehende Sensorik in die Lösung integriert und damit die Investitionskosten minimiert. Zusätzlich nutzen wir einen digitalen Zwilling, um eine Verknüpfung zwischen realer Welt und Sensordaten herzustellen, und werten anschließend die Sensordaten mit selbstentwickelten Algorithmen aus“, erklärt Christopher Dörner. So können Leckagen frühzeitig erkannt und Rohrleitungen in Echtzeit überwacht werden, ohne dass zusätzliche Sensoren eingebaut werden müssen. Das ermöglicht die Wartung auf Basis von Predictive Maintenance – also zustandsbezogen, ohne dass es erst zum Ausfall kommen muss.
Schnell erkannte das dreiköpfige Gründerteam aus Christopher Dörner, Valerie Fehst und Tri-Duc Nghiemdas Potenzial seiner Lösung: „Als wir erkannt haben, dass es durch Leckagen und Rohrbrüche Weltweit zu Wasserverlusten von bis zu 50 % kommt, konnten wir das zunächst gar nicht glauben. Eine tiefere Recherche hat gezeigt, dass selbst hier in Europa Verluste von 25 % keine Seltenheit sind. Zusätzlich sehen wir in unserer Technologie ein immenses Potenzial und wenn wir nicht gegründet hätten, wäre diese Technologie vielleicht niemals entwickelt worden“, sagt Christopher Dörner. Die Resonanz aus dem Markt bestätigte den Eindruck, dass viele Unternehmen nur auf eine solche Technologie gewartet haben. „Wir hatten zunächst angenommen, dass es schwierig sein wird die richtigen Kontaktpersonen in großen Unternehmen zu finden. Tatsächlich hat sich dies aber leichter als gedacht herausgestellt. Vor allem durch Gründerwettbewerbe wie dem ACHEMA-Gründerpreis werden Kontakte zu den richtigen Mitarbeitern von großen Unternehmen hergestellt. Und falls der anwesende Vertreter mal nicht der richtige Ansprechpartner ist, kennt er dennoch meistens die richtige Person und stellt den Kontakt her“, erzählt Christopher Dörner.
Deutlich schwieriger gestalte sich dagegen die Suche nach den richtigen Mitarbeitern: „Für unsere Technologie benötigen wir hochqualifizierte Experten aus sehr speziellen Bereichen. Diese zu finden ist zwar anstrengend, aber möglich. Da diese Mitarbeiter jedoch hoch spezialisierte Experten sind, erwarten sie auch eine entsprechende Bezahlung. Das ist für StartUps nicht immer im Budget. Daher versuchen wir qualifizierte Mitarbeiter zu finden, die etwas verändern möchten und unsere Vision teilen. Als Ausgleich bieten wir darüber hinaus hoch interessante Aufgaben mit abwechslungsreichen Tätigkeiten.“
Von der Teilnahme am ACHEMA-Gründerpreis erhoffen sich die Gründer weitere Kontakte in die produzierende Industrie, um Interessenten und Kunden zu gewinnen. Gesucht werden Projektpartner für den Einsatz der Technologie in der Chemie- und Pharmaindustrie, sowohl Sensorhersteller als Kooperationspartner, aber auch Betreiber von Rohrnetzen als Anwendungspartner. „Zudem freuen wir uns immer über Feedback aus der Industrie und von erfahrenen Coaches“, sagt Christopher Dörner. Angesichts der Rohrkilometer in Ludwigshafen, Leverkusen oder Höchst fehlt es jedenfalls nicht an Einsatzmöglichkeiten.
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