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13.04.2021 | Process Innovation
Die Vorboten des Klimawandels wirken sich schon jetzt auf die Prozessindustrie aus. Wie kann industrielles Wassermanagement helfen, sich auf zukünftigen Wasserstress vorzubereiten?
Eine Dürre? In Europa? Mit großen Auswirkungen auf die Prozessindustrie? Das Niedrigwasser des Rheins im Jahr 2018 hat sehr deutlich bewiesen, was bis dahin undenkbar war. Kritisch niedrige Wasserstände brachten den Schiffsverkehr auf einer der wichtigsten Wasserstraßen Europas zum Erliegen, die die Nordsee mit dem Binnenland in Deutschland, Frankreich und der Schweiz verbindet.
Die BASF in Ludwigshafen musste Force Majeure erklären, ebenso wie Arcelor Mittal, Thyssenkrupp Steel Europe, Evonik, Ineos und Solvay. Die Schiffe konnten nicht so schwer wie üblich beladen werden, deshalb gelangte nicht genügend Rohstoffe wie Eisenerz, Kohle und Salz zu den Industriezentren. Außerdem zwang der niedrige Wasserstand die Unternehmen, die Produktion zu drosseln, da nicht genügend Flusswasser zur Kühlung der Anlagen vorhanden war.
Die Trockenheit von 2018 bis 2020 hat eine wichtige Tatsache ins Bewusstsein gerückt: Wasser ist ein kritischer Standortfaktor, der durch die Folgen des Klimawandels noch entscheidender werden wird. Das gilt rund um den Globus und ganz besonders in der chemischen und pharmazeutischen Industrie, in der Petrochemie und im Lebensmittelsektor.
Was bekannte Wasserstressregionen in Asien, Südeuropa, dem Nahen Osten, Afrika, Nordamerika und Australien schon lange erleben, lernt Europa jetzt auf die harte Tour: Vorausschauendes, effizientes industrielles Wassermanagement kann sehr schnell zu einem Schlüsselfaktor für eine sichere industrielle Produktion werden.
Wassereffiziente Standorte der Prozessindustrie können in vielerlei Hinsicht punkten, wenn sie weniger abhängig von natürlichen Wasservorräten werden: Im globalen Wettbewerb um Wirtschaftlichkeit, in Sachen Compliance und auch im Hinblick auf die Sicherheit von Standortinvestitionen.
Neben der Prozessindustrie selbst haben auch die Technologieanbieter und -entwickler den Wert der Ressource Wasser für die Produktion erkannt.
"Wasser ist ein zentrales Thema an unseren Produktionsstandorten weltweit. Ein effizientes Wassermanagement rund um die Produktion ist eine Säule unserer Licence to operate und unserer nachhaltigen Wettbewerbsfähigkeit" betont Dr. Christoph Blöcher, Head of CO/H2/Infrastruktur Prozesstechnik bei Covestro Deutschland AG.
Bei den Herausforderungen für die Prozessindustrie im Wassersektor liegt es auf der Hand, Produktion und industrielles Wassermanagement noch enger zu verknüpfen. So kann die Branche langfristig wirtschaftlich stark, sicher aus Sicht der Behörden und ökologisch nachhaltig agieren. „Integrierte und intelligente Lösungen für das industrielle Wassermanagement bieten große Vorteile für eine stabile Produktion und wirtschaftliche Effizienz. Sie unterstützen den verantwortungsvollen Umgang mit Wasser, Energie und wertvollen Ressourcen,“ sagt Elmar Billenkamp, Head of Design und Sales bei der EnviroChemie GmbH.
Aktuelle Schwerpunkte sind die Themen Digitalisierung, Wasserwiederverwendung, Zero Liquid Discharge und der Umgang mit den Konzentraten, die nach der Wasserbehandung zurückbleiben.
Vor allem die Digitalisierung bietet der industriellen Wasserwirtschaft ein großes Potenzial zur Effizienzsteigerung und wird unter dem Begriff "Industriewasser 4.0" zusammengefasst.
So verbraucht der Kosmetikhersteller Kneipp mit Hilfe eines digitalen Zwillings von EnviroChemie nun weniger Wasser und Chemikalien bei der Reinigung von Industriebehältern. Das mag sich undramatisch anhören, aber die Summe vieler solcher kleinen Erfolge wird einen erheblichen Effekt haben.
Endress + Hauser wurde beauftragt, das Trinkwassersystem der Stadt Oberzent bei Frankfurt am Main zu digitalisieren. Damit bleibt in Zukunft kein Leck unentdeckt und es wird eine der wichtigsten Ressourcen geschont: Zeit. Die können die hochqualifizierten Wassermeister der Gemeinde jetzt mit wichtigeren Aufgaben verbringen als mit Routinekontrollen.
Autor
Dr. Thomas Track ist Themensprecher „Wasser“ der DECHEMA e.V. Er bringt die Kompetenzen von Fachleuten der Prozessindustrie und der industriellen Wassertechnik zusammen.
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