04.06.2021 | Pharma Innovation

Die Helden im Schatten

Der Kampf um die Herstellung von COVID-19-Impfstoffen hat die Namen der Pharmaunternehmen zu einem Begriff gemacht. Aber abseits der Schlagzeilen hat eine ganze Branche im Stillen Wunder vollbracht, um dies zu ermöglichen.

Noch nie waren die Augen so intensiv auf die Pharmaindustrie gerichtet wie heute. Einige der führenden Akteure haben sich durch ihre bahnbrechende Arbeit an Covid-Impfstoffen einen Namen gemacht. Das deutsche Unternehmen BioNTech erlangte durch seine Arbeit an der Entwicklung des ersten Impfstoffs weltweite Aufmerksamkeit. Doch abseits der Schlagzeilen haben andere Unternehmen, darunter viele ACHEMA-Aussteller, entscheidend dazu beigetragen, sie in der Welt bekannt zu machen, und haben dabei oft anonym wichtige Nischen besetzt.

Dies überrascht überhaupt nicht. Deutsche Unternehmen beherrschen nicht nur den Markt für Glasfläschchen, sondern stellen auch die für den Vertrieb des neuen Impfstoffs wichtigen Spezialbehälter her. Der Glashersteller Schott, dessen Gründer Friedrich Otto Schott das Borosilikatglas erfunden hat, aus dem die meisten pharmazeutischen Fläschchen hergestellt werden, hat die Produktion erhöht, um die Nachfrage zu decken, nachdem er im vergangenen Jahr ein Investitionsprogramm in Höhe von 1 Milliarde Dollar für seine Pharmasparte bewilligt hatte - dem größten in seiner Geschichte.

Das Unternehmen erklärte, es erwarte, dass es genügend Behälter für zwei Milliarden Dosierungen des Impfstoffs bereitstellen werde, obwohl das Unternehmen, wie sein Sprecher Salvatore Ruggiero betonte, nicht das einzige Unternehmen sei, das sich dieser Herausforderung stellen würde. „Das Gute daran ist, dass alle großen Glas- und Verpackungshersteller schon vor der Pandemie große Summen in die Ausweitung der Produktion investiert haben“, sagte er.

In diesem Szenario erhöhte Stevanato Group ihre weltweite Produktionskapazität und sicherte die Versorgung mit Glasbehältern, um diese rechtzeitig für die erste Massenimpfung zur Verfügung zu stellen. Auch hinter den Kulissen haben Spezialisten für Wägetechnik und Serialisierung die Impfstoff-Vertragshersteller (CMO) und -Originalausrüstungshersteller (OEM) weltweit in Rekordzeit mit der allerbesten Technologie versorgt.

Im Dezember 2020 erhielt der weltweit tätige Anbieter Wipotec einen kurzfristigen Auftrag aus China zur Produktion und Lieferung von 32 Kontrollwaagen innerhalb von sechs Wochen - die erste Charge wurde innerhalb der ersten drei Wochen ausgeliefert. Fred Köhler, der Vertrieb-Geschäftsführer, sagte seinerzeit: „Das war schon eine große Herausforderung für uns. Unter normalen Umständen benötigen wir sechs bis neun Wochen für die Projektplanung, den Entwurf und die Produktion. Durch die gemeinsame Anstrengung aller Bereiche, mit Sonderschichten in der Produktion, vor allem aber durch das große Engagement aller beteiligten Mitarbeiter, ist es uns gelungen, die Liefertermine einzuhalten.“

Der italienische Hersteller von aseptischen Vorrichtungen, Steriline, entwickelte sich zu einem der wichtigsten Unternehmen in Europa und Asien und lieferte unterschiedliche Linien an so einige Vertragsentwicklungs- und Fertigungsorganisationen (CDMOs) und füllte den mRNA-basierten Impfstoff gegen SARS-CoV-2 ab.
Steriline erhielt im letzten Sommer seinen ersten Auftrag von einer CDMO. Gefordert wurde eine komplette Abfüllanlage im Wert von 3,6 Millionen Euro, wobei darauf bestanden wurde, dass die Produktion so schnell wie möglich aufgenommen werden sollte, obwohl der Impfstoff zu diesem Zeitpunkt noch nicht offiziell für die kommerzielle Verwendung zugelassen war. Maßgeschneiderte Projekte dieser Größenordnung benötigen in der Regel ca. ein Jahr von der Bestellung bis zur Auslieferung. Dies bedeutete, dass das Personal keine Weihnachtspause hatte. Stattdessen wurden sie auch zu Doppelschichten herangezogen, weitere Mitarbeiter wurden eingestellt und weitere sind für spätere Einsätze vorgesehen.

Federico Fumagalli, kaufmännischer Leiter, sagte: „Wir mussten externe Mitarbeiter einstellen, um unsere internen Experten zu unterstützen, und wir haben die Anforderungen des Projekts in nur fünf Monaten erfüllt. Als ich die Anlage zusammengebaut und für die letzte Abnahmeprüfung bereit sah, war ich erstaunt, wie wenig Zeit wir für das Engineering und die Entwicklung gebraucht haben.“ Um die Genehmigungszeiten zu verkürzen, setzte das Unternehmen Kameras und andere Live-Streaming-Tools ein, damit die Abnahmetests (FAT) der Kunden aus der Ferne durchgeführt werden konnten, um die Reisebeschränkungen zu umgehen.
Eine weitere Abfüllanlage mit einer ähnlichen Produktionskapazität wurde in kürzester Zeit auch für die Belieferung in Schweden gebaut. Daraufhin meldeten sich weitere Kunden aus Indien, die zwei maßgeschneiderte Anlagen von Steriline anforderten, mit denen 18.000 Impfstoffe pro Stunde hergestellt und nach Asien und Afrika geliefert werden konnten.

Mammutaufträge, Rekordzeiten und riesige Flugzeuge

Kürzlich erhielt das italienische Unternehmen auch Aufträge für die Impfstoffproduktion der Lieferanten von Johnson & Johnson und AstraZeneca. Auch die Unternehmen Optima und Bausch+Ströbel, die das sogenannte „Packaging Valley“ im Landkreis Schwäbisch Hall bilden, melden volle Auftragsbücher.
Die 2.450 Mitarbeiter der Optima Packaging Group berichteten, dass sie eines der größten Frachtflugzeuge der Welt einsetzen mussten, um einen Auftrag für die Abfüllanlagen des US-Pharmaentwicklers Catalent auszuliefern. Weitere Anlagen für andere Pharmaunternehmen wurden zügig gebaut, und die Produktionskapazitäten mussten rasch neu angepasst werden. Sprecher Jan Deininger berichtete von „vielen zusätzlichen Aufträgen“ und fügte hinzu: „Wir rechnen mit vielen weiteren Projekten - und das noch eine ganze Weile.“

Bausch+Ströbel, mit Sitz in Ilshofen, baut ausschließlich Maschinen für die Pharma- und Kosmetikindustrie. Auch hier wurden Systeme für COVID-19-Impfstoffe entwickelt und gebaut. Hagen Gehringer, technischer Direktor, sagte, dass Pharmaunternehmen Millionen für Maschinen ausgeben, die die Reinheit und Effizienz ihrer Produkte garantieren und stimmte zu, dass der Bau einer solchen Anlage ein Jahr dauert. Techniker nahmen die Anlagen unter den gegebenen Umständen vor Ort beim Kunden in Betrieb, so Gehringer, der betonte, dass der Druck noch lange nicht vorbei sei und ergänzt: „Wir gehen von einem nachhaltigen Wachstum aus, das zumindest für die nächsten zwei bis drei Jahre anhält.“

Auch die Unternehmen der Kühlgerätebranche arbeiten mit Hochdruck an der Herstellung qualitativ hochwertiger Kühlgeräte - so etwa die Eppendorf Group, Azbil Telstar ThermoTEC, Weilburg und Co. KG Arctiko A/S, die Peter Huber Kältemaschinenbau AG und die Liebherr Group. Das dänische Unternehmen Arctiko versichert, dass ihre biomedizinischen Flexaline-Kühlschränke für die angemessene Lagerung von Proben ausgelegt sind, die eine Temperaturgleichmäßigkeit erfordern, die den Anforderungen der WHO und der Zentren für die Kontrolle und Prävention von Krankheiten entspricht, wonach die Proben bis zu 72 Stunden nach der Entnahme bei +2 °C bis +8 °C gelagert werden sollten.

 Neben der Herstellung der Temperiertechnik für die mit Covid zusammenhängende Chemikalienherstellung für Coronavirus-Tests werden Huber-Geräte auch bei der Herstellung von medizinischen Geräten und Schutzausrüstungen eingesetzt. Das Unternehmen betont außerdem, dass es Anfragen und Bestellungen im Zusammenhang mit der weltweiten Pandemie derzeit mit „höchster Priorität“ bearbeitet.

CEO Daniel Huber gibt zu Protokoll: „Im Kampf gegen das Coronavirus ist die Zeit einer der entscheidenden Faktoren. Deshalb stehen wir für kurzfristige Gerätelieferungen und Supportleistungen überall dort zur Verfügung, wo unsere Produkte für Forschungs- oder Produktionsaufgaben benötigt werden.“

„Wir sind mit unserem Produktportfolio für Forschung und pharmazeutische Produktion Teil der kritischen Infrastruktur Deutschlands. Viele unserer Kunden arbeiten intensiv an der Entwicklung von neuen Medikamenten, Testverfahren und Impfstoffen gegen das Coronavirus.

„Unsere Temperiergeräte leisten einen wichtigen Beitrag in den Forschungslabors und Produktionsstätten der Chemie, Pharmazie und Medizintechnik.“ Er fügte hinzu: „Wir wollen mit unseren Temperaturkontrolllösungen dazu beitragen, die Pandemie so schnell wie möglich einzudämmen. Im Kampf gegen das Coronavirus ist die Zeit einer der entscheidendsten Faktoren. Deshalb stehen wir für kurzfristige Gerätelieferungen und Supportleistungen überall dort zur Verfügung, wo unsere Produkte für Forschungs- oder Produktionsaufgaben gegen das Coronavirus benötigt werden. Ich bin überzeugt, dass wir diese außergewöhnliche Situation gemeinsam meistern können, wenn wir schnell und verantwortungsbewusst handeln.“ Dieses Thema wird auf der Achema Pulse in diesem Monat mit Sicherheit ein aktuelles Thema sein, aber wir sollten nicht erwarten, dass sich eines dieser stillen Heldenunternehmen damit brüsten wird.

| Originalversion veröffentlicht in ACHEMA Inspire, Juni 2021 / Deutsche Übersetzung DECHEMA Ausstellungs-GmbH. |

Autor

Richard Burton

Editor / World Show Media

www.worldshowmedia.net

Schlagwörter in diesem Artikel:

#covid19

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