Lab Innovation
06.10.2020 | Trends
„Kreisläufe schließen“ mag einfach klingen und nicht neu – schließlich funktioniert es bei Glas und Papier seit Jahrzehnten. Aber im größeren Rahmen zu denken, erfordert neue Konzepte – und kleinere Kreisläufe.
Konsequent umgesetzt geht das Konzept einer Kreislaufwirtschaft deutlich über den Umgang mit Produkten oder das Werkstoffrecycling hinaus. Es verlangt einen holistischen Blick – schließlich ist der größte denkbare Kreislauf der, der nur durch die planetaren Grenzen beschränkt ist. Wenn diese Perspektive auch nicht die beste ist, um anwendungsorientierte Konzepte zu entwickeln, liefert sie doch das schlagendste Argument, warum die Kreislaufwirtschaft für das menschliche Überleben unabdingbar ist: Die Ressourcen sind begrenzt. Abgesehen vom Bergbau auf außerirdischen Himmelskörpern müssen wir mit dem arbeiten, was da ist.
Für einige Metalle und Selten-Erd-Elemente ist das offensichtlich, aber es gilt auch für andere Ressourcen wie Kohlenstoff. Man mag zwar den Eindruck haben, dass Kohlenstoff im Überfluss verfügbar ist, aber wir sollten die Menge an Kohlenstoff, die in oxidierter Form in der Atmosphäre vorliegt, begrenzen. So schränkt der Klimawandel zwar nicht die Menge an vorhandenem Kohlenstoff ein, aber er setzt Limits für die Kohlenstoffmenge, die wir von Öl, Gas oder Biomasse in CO2 umwandeln können.
Aus einer regionalen Perspektive sind die Rohstoffmengen sogar noch begrenzter, und das gilt nicht nur für wertvolle Metalle oder Elemente, sondern auch für sauberes Wasser, das im Rahmen der Kreislaufschließung ebenfalls berücksichtigt werden muss.
Wieder zu verwenden, was schon einmal gewonnen wurde, anstatt es großflächig zu verteilen, ist nicht nur eine Frage von Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Es ist auch wirtschaftlich sinnvoll: Die Erschließung neuer Primärquellen wird immer aufwändiger, weil sie schwer zugänglich sind oder die Rohstoffe nur in geringen Konzentrationen vorliegen. Erschließung und Aufarbeitung werden so immer teurer.
Kreisläufe zu schließen und eine Kreislaufwirtschaft aufzubauen steht deshalb nicht nur bei nationalen Regierungen, der EU oder den UN ganz oben auf der Tagesordnung. Auch für Unternehmen, die die Rohstoffversorgung ihrer Anlagen sicherstellen wollen, ist es ein wichtiges Anliegen. Alles, was man dafür tun muss, ist, zu sammeln, was benutzt wurde, und es zu etwas neuem zu verarbeiten, ohne dabei Qualität oder Wert einzubüßen.
Das klingt einfach, aber bei der Entscheidung, welchen Weg man wählt, sind viele Faktoren zu bedenken. Eine gründliche ganzheitliche Lebenszyklus-Analyse kann Auskunft darüber geben, ob die Schließung eines Kreislaufs wirklich wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll ist, und sollte immer am Anfang des Entscheidungsprozesses stehen, wenn es darum geht, wo der Kreislauf geschlossen werden soll.
Was einfach klingt, ist tatsächlich ein vielschichtiges Konzept: Kreisläufe können an verschiedenen Stellen geschlossen werden. Anstelle eines großen Kreises ergibt sich ein konzentrisches Bild. Als Daumenregel gilt: Je kleiner der Kreis, desto weniger Aufwand und Ressourcen sind für die Werterhaltung notwendig.
Reparieren / Ertüchtigen / Überholen: Vom Produkt aus betrachtet sind das die kleinsten Kreisläufe. Ein Ausrüstungsgegenstand kann repariert oder ertüchtigt werden, so dass er in einer sich verändernden verfahrenstechnischen Umgebung noch zum Einsatz kommen kann. Ein Beispiel dafür ist die Ausstattung eines „analogen“ Kompressors oder Mischers mit Komponenten, die indirekt Daten erfassen. So wird er „smart“ und fügt sich auch in eine digitale Anlagenumgebung ein. Besonders für Brownfield-Anlagen ist dies ein wichtiger Aspekt. Eine andere Möglichkeit wäre, die Module einer Pumpe neu zu konfigurieren und zusammenzusetzen, um neue Anforderungen zu erfüllen, statt eine ganz neue Pumpe zu kaufen.
Recycling: Wenn ein Produkt oder ein Ausrüstungsgegenstand das Ende seiner Lebensdauer erreicht hat, ist die nächste Möglichkeit zur Kreislaufschließung das Recycling. Das bedeutet, dass der Gegenstand in seine Komponenten zerlegt wird oder, noch drastischer, dass die Werkstoffe eingeschmolzen oder anderweitig neu geformt werden, ohne die chemische Zusammensetzung zu verändern. Für Glas, viele Metalle und einige andere Materialien ist das ein etabliertes Vorgehen, doch bei Kunststoffen stößt es an Grenzen. Sie ergeben sich aus Herausforderungen an verschiedenen Stellen des Recycling-Systems: Recycling erfordert ausgefeilte Sammel- und Sortiersysteme mit einer komplexen Logistik. Je mehr Materialvarianten auf dem Markt oder, noch schlimmer, in Verbundwerkstoffen verbaut sind, desto komplizierter wird es. Während Glasflaschen sich im Wesentlichen anhand der Farbe unterscheiden lassen, kann „Plastik“ aus einer Vielzahl verschiedener Materialien bestehen, die sorgfältig voneinander getrennt werden müssen, um sie ohne Qualitätsverlust recyceln zu können. Jede Verunreinigung kann dabei zu Problemen im Prozess führen.
Chemisches Recycling: Mit chemischem Recycling lassen sich diese Schwierigkeiten umgehen. Dieses Verfahren, das derzeit vor allem mit Blick auf biobasierte Reststoffe und Kunststoffe in der Diskussion ist, beruht darauf, die Materialien chemisch aufzubrechen. Am Ende stehen kleine Moleküle wie Monomere, Öle oder Synthesegas. Die Bandbreite der Stoffströme, die sich so behandeln lassen, ist groß und reicht von Abfallfetten aus der Lebensmittelverarbeitung bis zu Polymeren. Sie werden z.B. durch Pyrolyse aufgespalten. Die Schritte, die dann folgen, ähneln denen bei der Verarbeitung von Erdgas oder Erdöl sehr stark – ein großer Vorteil, weil sie so in existierende Produktionslandschaften integriert werden können. Ein Nachteil besteht darin, dass der Kreislauf sehr groß ist und viele Stufen umfasst, von denen jede Ressourcen und vor allem Energie braucht, um die Werkstoffe erst zu zerlegen und dann wieder aufzubauen.
Verbrennung: Zwar ist CO2 aus dem „thermischen Recycling“ auch ein kleines Kohlenstoffmolekül, aber es ist viel schwieriger, daraus wieder neue Materialien zu erzeugen. Deshalb sollte sich das Verbrennen auf Abfallströme beschränken, die nicht anders wiederzuverwerten sind. Die Biologie eröffnet einen Weg für die CO2-Nutzung über Fotosynthese; eine andere Möglichkeit sind CO2-Abtrennung und -Nutzung, die vor allem auf regenerativ erzeugtem Wasserstoff und komplexen katalytischen Verfahren basiert. Dieser Kreis ist noch größer als das chemische Recycling, und vor allem der Bedarf an erneuerbarer Energie ist deutlich höher.
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