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24.07.2020 | Forschung trifft Praxis
"Forscher müssen ihre Ideen einfach, klar und verständlich verkaufen."
Hm, nein, das tat er nicht – aber offensichtlich fand seine wissenschaftliche Forschung auch so den Weg in marktfähige Anwendungen. Schon zu seinen Lebzeiten wurden seine Erfindungen (meist militärisch) genutzt, und wenn er auch keine Patente hielt oder Lizenzgebühren einstrich, scheint er doch ganz gut gelebt zu haben.
Heutige Wissenschaftler befinden sich meist in einer weniger komfortablen Lage. Öffentliche Fördergelder gibt es nicht in Form lebenslanger Alimente, sondern in Gestalt von EU-Programmen oder nationaler Förderung vom einen oder anderen Geldgeber, und sie sind sowohl hinsichtlich der Dauer als auch der Höhe begrenzt.
Warum also nehmen so wenige Forscher ihr Schicksal in die eigenen Hände und gründen eine Firma? Es fließt so viel Geld in die Forschung, es gibt so viele kluge Köpfe – sollte es da nicht reichlich Gelegenheit geben, aus großartiger Wissenschaft ein Geschäft zu machen?
Viel wird über das „Tal des Todes“ in der Forschungsförderung gesprochen, der Mangel an privaten Investitionen im Vergleich zu den USA oder Israel wird ebenso beklagt wie der Kampf um die klügsten Köpfe zwischen großen Konzernen und risikobehafteten Startups.
Aber dahinter mag ein noch fundamentaleres Missverständnis liegen, und das betrifft die Umsetzung “großartiger Wissenschaft” in Innovationen. Denn Innovation beruht meist nicht bloß auf großartiger Wissenschaft und bahnbrechender Forschung. Forschungsergebnisse in Innovationen umzusetzen, bringt gleich zwei Risiken mit sich: Das Risiko, dass mit der Forschung etwas schiefgeht, und das Risiko, dass der Businessplan scheitert. Außerdem bedeutet ein solcher Ansatz, dass der potenzielle Gründer seine bahnbrechenden Erkenntnisse Geschäftsleuten nahebringen muss. Sind wir doch mal ehrlich: Welcher Forscher lauscht gebannt einem Vortrag über Unternehmensbesteuerung in multinationalen Konzernen? Weshalb also sollte es einen Banker faszinieren, wenn das Enzym x mit Protein y etwas anderes macht als Enzym z?
In den meisten Fällen basiert Innovation deshalb nicht auf der Verwirklichung bahnbrechender Forschung, sondern darauf, dass nicht ganz so bahnbrechende solide Wissenschaft in einen neuen Kontext gebracht wird. Um das zu erreichen, muss ein Gründer kein wissenschaftliches Genie sein. Er muss stattdessen verstehen, was sein Kunde braucht. Er muss ein nicht so spannendes wissenschaftliches Ergebnis in einem neuen Licht sehen, das daraus eine sehr spannende Innovation macht. Er muss mutig sein, offen an Dinge herangehen und keine Angst davor haben, seine Ideen in einfachen, klaren und leichtverständlichen Worten anzupreisen – und während die ersten beiden Punkte auch auf hervorragende Wissenschaftler zutreffen, ist Letzteres in der Wissenschaftsszene nicht besonders hoch angesehen.
Es scheint, dass Archimedes die seltene Ausnahme war, die beides vereinte: Einen sehr klugen Kopf, in dem herausragende abstrakte Ideen entstanden, mit der Gabe, diese auch “Nichtfachleuten” wie Generälen oder Königen zu vermitteln. Also, zukünftige Gründer: Raus aus dem Labor, rein in die Wanne und auf zur Suche nach dem inneren Archimedes!
*Dieser Text wurde inspiriert durch die Berichte zweier Gründer über ihre Erfahrungen, die sie im Rahmen eines Webinars des EU-Projekts KETBIO schilderten. Die Aufzeichnung des Webinars und viele weitere Informationen und Meinungen zu Gründungen sind auf www.ketbio.eu verfügbar.
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