18.10.2019 | Die Messe

Mit allen Sinnen dabei sein – das geht mit digitalen Technologien nicht

Interview mit Björn Mathes über die Zukunft der ACHEMA

Seit Februar 2019 ist Dr. Björn Mathes stellvertretender Geschäftsführer der DECHEMA Ausstellungs-GmbH. Wir haben mit ihm gesprochen und wollten wissen, wie er seine neue Rolle sieht und was uns auf der ACHEMA 2030  erwartet.

ACHEMA Magazin: Haben Sie die ACHEMA vor Ihrer Zeit bei der DECHEMA schon mal als „Außenstehender“ erlebt? Was war Ihr Eindruck?

  • __ Dr. Björn Mathes: Ja, habe ich. Als Doktorand war ich unter anderem auch für die Messeauftritte unseres Arbeitskreises mitverantwortlich und habe so neben einigen anderen nationalen und internationalen Messen auch die ACHEMA als Aussteller kennengelernt. Die Erfahrung war überwältigend – die schiere Größe der ACHEMA, der globale Charakter und natürlich die Tatsache, dass sie so viele internationale Experten aus allen Bereichen der Prozessindustrie zusammenbringt. Das führte neben konkreten Kontakten auch zu wertvollen Gesprächen mit Standbesuchern, die gänzlich andere Themenfelder im Blick hatten. Schon damals erlebten wir die Messe als Schmelztiegel unserer Branche.

Welche Erfahrungen konnten Sie bisher mit der ACHEMA sammeln?

  • __ Seit meinem Eintritt in die DECHEMA habe ich in den letzten zehn Jahren an verschiedenen Aufgaben während der ACHEMA mitgewirkt. Unter anderem war ich seit 2015 für die Organisation der PRAXISforen auf der ACHEMA mitverantwortlich. Sie haben  sich zu einem äußerst erfolgreichen Format entwickelt, das speziell für die Aussteller eingeführt wurde. Sie haben damit eine zusätzliche Möglichkeit, ihre Technologien in der Nähe ihrer Ausstellungsgruppe zu präsentieren. Mein ehemaliges Team ist zudem für den Besucherservice vor und während der ACHEMA verantwortlich, so dass ich auch hier immer eng mit den Kolleginnen und Kollegen aus der DECHEMA Ausstellungs-GmbH zusammengearbeitet habe. 

Was interessiert Sie an Ihrer neuen Aufgabe?

  • __ Mit einem leistungsstarken und kompetenten Team zusammenzuarbeiten, das Großveranstaltungen organisiert, die Menschen aus der ganzen Welt in einem Technologieumfeld zusammenbringen. Und ich freue mich über die mittel- und langfristigen Aufgaben, die vor uns liegen: das Konzept der ACHEMA weiterzuentwickeln sowie ihre Rolle als Innovationstreiber für die Branche zu erhalten und auszubauen.

Wir leben doch im Zeitalter der Digitalisierung – kein Mensch braucht mehr Messen. Oder?

  • __ Das sehe ich nicht so. Es liegt auf der Hand, dass die Digitalisierung unserer Gesellschaft nicht aufzuhalten ist. Wie jede andere Branche muss auch die Messewirtschaft auf diese Entwicklungen reagieren. Wir müssen unser Geschäftsmodell und die Art und Weise, wie wir es umsetzen, vom Marketing bis zur Standplanung hinterfragen und notwendige Änderungen vornehmen. Doch die Digitalisierung ist nicht der einzige relevante Trend für unsere Branche - wir müssen auch die globalen und geopolitischen Entwicklungen sowie die  makroökonomischen Rahmenbedingungen berücksichtigen. Eine Messe wie die ACHEMA, die rund 150.000 Menschen aus über 150 Ländern zusammenbringt, um sich in einem Technologieumfeld fachlich aber teilweise auch zwischenmenschlich auszutauschen, hat einen großen Vorteil: Es ist ein multisensorisches Erlebnis. Mit allen Sinnen dabei sein - mit digitalen Technologien ist das bislang nicht möglich. Die Marketingkanäle und die Lead-Generierung wandeln sich, aber Messen werden im Industriegütersektor auch in Zukunft eine zentrale Rolle einnehmen.

Wie wird sich eine ACHEMA 2030 von der ACHEMA 2018 unterscheiden?

  • __ Im Jahr 2020 feiert die ACHEMA ihr hundertjähriges Bestehen. Meiner Meinung nach ist das ein Geburtstag, auf den wir als Veranstalter stolz sein können. Die ACHEMA hat auf ihrem Weg mehrere Wirtschaftskrisen, einen Weltkrieg und industrielle Revolutionen erlebt und überlebt. Dabei wurde das Messekonzept immer wieder angepasst, und teilweise hat sich die ACHEMA auch neu erfunden. Dies wird auch in Zukunft der Fall sein, aber in Zeiten des ständigen Wandels und der sich verändernden Märkte ist es schwierig, über ein Jahrzehnt hinauszuschauen. Derzeit gibt es einen allgemeinen Trend - Messen werden immer mehr zum Happening. Ebenso ändern sich die Erwartungen von Besuchern und Ausstellern an die Flexibilität und Effizienz einer Messe. Wir werden das bei der Weiterentwicklung des ACHEMA-Konzeptes berücksichtigen. Gleichzeitig dominieren große globale Fragestellungen und Megatrends die Strategien von Unternehmen und lassen bei den Lösungsansätzen die Branchengrenzen immer mehr verschwimmen. Wir sehen dies beispielsweise im Falle des Energiesektors oder beim Wandel der Geschäftsmodelle durch die Digitalisierung. Die Konvergenz der traditionellen Prozessindustrie mit dem IKT-Sektor wird sich in den kommenden Jahren beschleunigen. Deshalb werden wir die ACHEMA zu einer noch stärkeren Plattform machen, die Menschen über die traditionellen Branchengrenzen hinaus vernetzt. Gleichsam wird es externe Impulse und technologische Entwicklungen geben, die das bereits beschriebene multisensorische Erlebnis auf ein neues Niveau heben.

Und was wird gleich bleiben?

  • __ Wir werden weiterhin hart daran arbeiten, dass die ACHEMA ihren Teilnehmern, seien es Aussteller oder Besucher, eine Plattform bietet, die einen Schmelztiegel der Prozessindustrie darstellt. Dabei wird die ACHEMA auch zukünftig auf Internationalität und Interdisziplinarität setzen und eine Mischung aus Ausstellung und Kongress sowie anderen interaktiven Diskussions- und Austauschformaten anbieten.

Was ist für Sie der faszinierendste Ort oder der faszinierendste Moment der ACHEMA?

  • __ Die ACHEMA bietet unzählige faszinierende Orte und Momente. Allein die Tatsache, dass die ACHEMA derart viele Menschen aus aller Welt in einem Technologieumfeld zusammenbringt, ist faszinierend. Aber die elektrisierendsten Momente sind die Tage vor der Messe, wenn das Leben in die leeren Hallen einzieht und die Messestände wachsen, bis bei der Eröffnung am Montagmorgen alles steht.

Über

Dr. Björn Mathes ist stellvertretender Geschäftsführer der DECHEMA Ausstellungs-GmbH, dem Veranstalter der ACHEMA. Mathes promovierte am Fachbereich Chemie der Philipps-Universität Marburg und absolvierte zwischen 2015 und 2017 erfolgreich einen Executive MBA an der HHL Leipzig Graduate School of Management und der Eada Business School Barcelona. Mathes war im Anschluss an seine Promotion u.a. für das Projektmanagement von nationalen und internationalen Projekten im Bereich der Materialforschung, Prozesstechnik und Risikokommunikation bei der DECHEMA zuständig. Von Juli 2014 an entwickelte er das B2B-Veranstaltungsformat PRAXISforum, ehe er 2017 die Verantwortung für den Bereich Veranstaltungen und Gremienbetreuung innerhalb der DECHEMA e.V. übernahm. Im Februar 2019 wurde er in die Geschäftsführung der DECHEMA Ausstellungs-GmbH berufen.

 

Das Interview führte Kathrin Rübberdt.

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