03.12.2021 | Digital Innovation

Interview mit Stefan Hoppe | OPC Foundation

OPC UA wird als Enabler für die Transformation von der Automatisierungspyramide zum Informationsnetz vorgestellt. OPC-Stiftungspräsident Stefan Hoppe erklärt, was das bedeutet.

Aufgrund der Relevanz und Bedeutung der OPC-UA-Technologie stellt die OPC Foundation zum ersten Mal auf der ACHEMA aus. Aber Moment mal: „Daten sind doch die neue Währung“ und „Protokolle werden in Zukunft eine untergeordnete Rolle spielen“ – oder? Warum spielt OPC UA eine Schlüsselrolle bei der digitalen Transformation?

ACHEMA Inspire: Wenn OPC UA kein Protokoll ist - was ist es dann?

  • __Stefan Hoppe: OPC Unified Architecture, „OPC UA“, ist weit mehr als nur eine betriebssystemunabhängige, neutrale Plattform für die Datenkommunikation. OPC UA ist der „Lego“-Baustein für die Standardisierung von Daten und Schnittstellen und deren sicheren Austausch auf eine Weise, die vom Sensor bis zur Cloud (und zurück), der Geräteerkennung und Onboarding skalierbar ist und den IEC62541-Standard garantiert.

ACHEMA Inspire: Gibt es ein bestehendes Protokoll, das vom Feld bis zur Cloud verwendet werden kann?

  • __Stefan Hoppe: Es gibt kein „einziges“ Protokoll für dieses Thema. Es gibt zahlreiche traditionelle Feldbusse, die eine ausgezeichnete deterministische Servicequalität aufweisen, aber nicht auf die Cloud skaliert werden können. MQTT befindet sich in der Cloud, lässt sich aber nicht auf die Feldebene herunter skalieren und bietet nicht die erforderlichen Funktionen, die in der Fabrik- und Prozessautomatisierung benötigt werden. Praktischerweise hat OPC UA all diese Mechanismen integriert und vom Feld bis in die Cloud skaliert, einschließlich der End-to-End-Sicherheit über verschiedene verkettete Transporte als IEC-Standard, der die Benutzer vor Anbieterbindung schützt und eine Zusammenarbeit bei der Standardisierung der Informationen garantiert. Er wird eine der Technologien darstellen, die den digitalen Wandel über mehrere Jahrzehnte hinweg am stärksten beeinflussen wird. Eine unwiderstehliche Offenbarung!

ACHEMA Inspire: Seit 2018 wird an der OPC UA FX (Field eXchange) Spezifikationserweiterung gearbeitet. Ist das mehr als eine Erweiterung von OPC UA für TSN und wann werden wir etwas sehen?

  • __Stefan Hoppe: Im Jahr 2018 wurde die Field-Level-Initiative (FLC) gemeinsam mit zunächst 27 Unternehmen, darunter einem der weltweit größten Automatisierungshersteller, ins Leben gerufen. Derzeit arbeiten insgesamt über 320 Experten aus mehr als 65 Unternehmen an der Entwicklung von Konzepten und Spezifikationen. Sie alle haben das gemeinsame Ziel, den Anwendungsbereich von OPC UA auf die Feldebene zu erweitern und OPC UA als einheitlichen und universellen Kommunikationsstandard in der Fabrik- und Prozessautomatisierung zu etablieren. Die Harmonisierung der Anforderungen aus der Prozess- und Fabrikautomation wird zu gemeinsamen Gerätediensten führen - erste Live-Demos werden auf der SPS-Messe im November dieses Jahres zu sehen sein.
    Ich möchte hinzufügen, dass OPC UA oft nur als De-facto-Standard für die letzte Meile von SPS-Steuerungen und Geräten angesehen wird. Es gibt noch viel mehr zu schätzen, wenn man die Skalierbarkeit vom Feld mittels OPC UA über MQTT zur Cloud (und zurück) oder die Verbindung zur Asset Administration Shell betrachtet. Die OPC Foundation schätzt MQTT für seine hervorragende Fähigkeit zur Datenübertragung - daher wird seine Verwendung empfohlen. OPC UA garantiert aber noch viele weitere Dienste oberhalb der Transportschicht, die für die OT-Welt wichtig und relevant sind - und diese sind auch über andere Transportprotokolle nutzbar.

ACHEMA Inspire: Was bedeutet Ethernet-APL – und warum hat sich hier die OPC Foundation angeschlossen?

  • __Stefan Hoppe: Wir haben uns jetzt der Ethernet-APL-Initiative angeschlossen, da diese Technologie die Lösung für die Skalierung von der Edge- bis in die Feldebene ist. Etablierte Feldbusprotokolle wie ProfiNET, EthernetIP und HART-IP werden über dieses Netzwerk laufen, ebenso wie die Informationstechnologie OPC UA, die als einzige Lösung auch in die Cloud skaliert. Die klare Prognose: In der Prozessautomatisierung wird sich „OPC UA über APL/SPE“ als Nachfolger des heutigen de-facto HART-Standards etablieren und sukzessive als neue Lösung installiert werden - zunächst für das „Nordportal“ für die 2-Kanal-Diagnose, dann für das „Südportal“ als Datenkanal.

ACHEMA Inspire: Die Standardisierung von Daten klingt gar nicht so kompliziert - mit welchen Partnern arbeiten Sie zusammen?

  • __Stefan Hoppe: Ja, die Übermittlung standardisierter Daten klingt sehr logisch. Aber wer legt diese Normen fest? Die Cloud-Anbieter - nur um dabei einen neuen „Cloud Vendor Lock-in“ zu schaffen? Auch hier ist Vorsicht geboten. Die OPC Foundation arbeitet derzeit in mehr als 65 Initiativen mit anderen Organisationen zusammen - und dies ist der Grund: Nur durch die Kombination der OPC UA Datentransport-Sicherheitstechnologie (dem „Wie“) mit den standardisierten Datenmodellen der Partner (dem „Was“) erhält man das Versprechen einer „sicheren industriellen Interoperabilität“.

ACHEMA Inspire: Warum hat Offenheit für Ihre Organisation einen so hohen Stellenwert und wie organisieren Sie dies?

  • __Stefan Hoppe: Die OPC Foundation könnte man im besten Sinne des Wortes als die „Vereinten Nationen der Automation“ bezeichnen. Jedes Unternehmen, ob groß oder klein, hat nur eine Stimme. Die Mitglieder schützen sich nicht nur gegenseitig, sondern auch die Nicht-OPC-Mitglieder, die OPC UA implementieren oder einfach nur nutzen. Offenheit ist eines der wichtigsten Ziele. Offene Spezifikationen, Open Source und ein OPC-Labor, das auch für nicht zahlende OPC-Mitglieder offen steht - welche andere Organisation kann dies anbieten?

| Originalversion veröffentlicht in ACHEMA Inspire, Juni 2021 / Deutsche Übersetzung DECHEMA Ausstellungs-GmbH. |

 

Autor

ACHEMA Inspire staff

World Show Media

www.worldshowmedia.net

Schlagwörter in diesem Artikel:

#automatisierung

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